Freitag, 22. Dezember 2006

Ja oder Ja

Freund W. ist zu Besuch, der Freund. Der langjährige Freund des Liebsten, jetzt auch meiner.
Wenn ich´s mal gestern nicht versch... habe. Wer weiß.
W. klärte auf über das vom Schreibenkönnen schlecht Lebenkönnen, das war was ich erfahren wollte, nachdem er seinen Lebensweg diesem Abenteuer gewidmet hat. Und müde geworden ist, das Klinkenputzen nicht mehr mag. Lachen kann er noch, aber es ist ein melancholisches Lachen.
Seine Frau hat seit vielen Jahren Depressionen, Therapien gemacht, Unsicherheiten gepflückt und genährt. Sie geht fast nicht mehr aus dem Haus, wie in einem selbstgezimmerten Kerker stelle ich mir das vor, heute Morgen sage ich Selbstislamisierung dazu. Es geht ihr sehr schlecht und W.s Zärtlichkeit besteht darin, das zu akzeptieren. Sie ist 57(und sieht 10 Jahre jünger aus), er etwas älter, und er geht davon aus, dass sich nichts mehr ändert. Nach so gewohntem Leid, und, wie es sich kritisch und unausgesprochen in mir regt, einer so gewohnten Konstellation für beide. Ich will das plötzlich absolut nicht akzeptieren. Zu jedem Zeitpunkt gibt es die Möglichkeit von Wiederauferstehung und Gnade. Zum endlich Lebendürfen. Ich werde da sehr strikt und W., der an sich höflichste Mensch der Welt, sagt zwei oder drei Mal, das wären dumme Sprüche. Ich weiß, dass das nicht stimmt, ich weiß, dass er sich ärgert.
Nachdem W. sich auf den Weg gemacht hat, nicht ganz im Guten, geht das Streitgespräch gerade weiter. Der Liebste ist auch mindestens irritiert von mir, ganz aufgeregt. Er besteht wild und fest darauf, dass Leute, die leiden nun mal leiden. Ich verstehe nicht, dass man das so einfach akzeptieren kann, bei jemand anderem. So anwaltlich, so scheinbar mitfühlend, es okay finden, dass da nun zwei Männer sich einig sind, dass diese Frau vielleicht noch vierzig Jahre im Kerker lebt. Dass sie mich unverschämt finden.
Später erfahre ich, woher die Aufregung. Meine Worte galten als Beschuldigung, ich habe unterstellt, dass die gefühlte Kleinheit den Menschen vorzuwerfen sei. Weil ich gesagt habe, da ist ein Leben, das leben darf, wenn es es sich nur erlaubt. Ich erinnere mich an mich. Ja, das gibt es, dass noch die Ermunterung, dass das sinnlose Leid vielleicht nicht nötig ist: wie ein Vorwurf wirkt. Es kann einen schon ermatten, wie hartnäckig die Spirale ist, wenn die Produktion von Schuldzusammenhängen erst mal am Laufen ist. Es tut mir so leid, dass die Menschen diese Fähigkeit haben, alles gegen sich selbst zu wenden, immer wieder.
Und ich denke an Frau Angsthase. Die vielleicht stellvertretend für andere die Spirale durchbrechen wird als Heldin der Sorge für dieses eine einzige kostbare Menschenleben. Oder?

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